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Schuldnerberatung in Rheinland-Pfalz: Wachsende Nachfrage, steigende Wartezeiten

Die Schuldner- und Insolvenzberatung in Rheinland-Pfalz steht unter Druck: Die Zahl der Beratungssuchenden steigt kontinuierlich, gleichzeitig verlängern sich die Wartezeiten. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der grünen Abgeordneten Daniel Köbler und Lisett Stuppy hervor.

Mehr Hilfesuchende, längere Wartezeiten

Seit 2019 ist die Zahl der Beratungsfälle landesweit um mehr als 10 Prozent gestiegen. Im Jahr 2024 nutzten 23.713 Menschen das Angebot der Schuldner- und Insolvenzberatung. Zum Vergleich: 2019 waren es noch 21.316. Diese Entwicklung verdeutlicht die wachsende finanzielle Not vieler Menschen.

Gleichzeitig steigen die Wartezeiten auf einen Ersttermin. Lag die durchschnittliche Wartezeit 2019 noch bei 3,2 Monaten, waren es 2023 bereits 4,1 Monate. In akuten Krisensituationen wie drohendem Wohnungsverlust oder Stromsperren kann jedoch meist binnen 14 Tagen geholfen werden.

"Der Bedarf an Schuldner- und Insolvenzberatung nimmt leider weiter zu. Darin spiegelt sich die soziale Realität in Deutschland, dass immer mehr Menschen von Armut bedroht sind", betont Daniel Köbler, sozialpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion. "Auch die Wartezeiten auf eine Erstberatung in einer der 62 anerkannten und 55 geförderten Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Rheinland-Pfalz steigen. Als Landesregierung haben wir darauf reagiert und haben die Landesmittel zur Förderung der Beratungsstellen in den vergangenen zehn Jahren um die Hälfte erhöht. Im Jahr 2023 konnte dadurch auch bereits ein erster Rückgang der Wartezeiten erreicht werden."

Flächendeckendes Angebot, gezielte Förderung

Aktuell sind in Rheinland-Pfalz 62 Beratungsstellen als geeignet für Verbraucherinsolvenzverfahren anerkannt, 55 davon werden vom Land gefördert. Diese Struktur ermöglicht eine flächendeckende Versorgung in allen Landkreisen und kreisfreien Städten. Regionale Besonderheiten wie hohe Überschuldungsquoten können bei der Verteilung der Mittel berücksichtigt werden.

Die Landesmittel für Schuldnerberatung wurden in den letzten zehn Jahren kontinuierlich erhöht. 2015 standen noch 2,18 Millionen Euro zur Verfügung, 2025 sind es 3,06 Millionen Euro. Damit unterstützt das Land die wichtige Arbeit der Beratungsstellen in einem zunehmend herausfordernden Umfeld.

Wer sucht Hilfe?

Die Beratungsstellen richten sich ausschließlich an überschuldete Privatpersonen. Besonders häufig nehmen Menschen zwischen 25 und 65 Jahren die Angebote wahr.

  • 41 % der Ratsuchenden sind ledig
  • 24 % verheiratet
  • 21 % geschieden

Auch beim Erwerbsstatus zeigt sich ein heterogenes Bild:

  • 40 % arbeitslos
  • 39 % in abhängiger Beschäftigung
  • 21 % sonstige (z. B. Auszubildende, Studierende, Frührentner:innen)

Zudem gibt es spezialisierte Angebote für Menschen mit suchtbedingten Schulden.

Unsere Forderung: Armutsprävention durch Stärkung der Beratung

Für die Grünen im Landtag ist klar: Die Schuldnerberatung ist ein zentrales Instrument der Armutsprävention. "Wenn Menschen in der Schuldenfalle stecken, brauchen sie schnelle und kompetente Hilfe", erklärt Daniel Köbler.

Auch Lisett Stuppy, verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Grünen, unterstreicht den Handlungsbedarf: "Wir brauchen weiter mehr Beratungsangebote für Menschen mit Schulden. Dabei müssen wir auch stärker auf eine aufsuchende und niederschwellige Beratung setzen. Gutes Beispiel ist das Modellprojekt ‚Orte des Zusammenhalts‘ der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Stadtteilen Ludwigshafens mit sozialem Handlungsbedarf. Diese Angebote müssen wir ausbauen und in weitere Landesteile bringen. Wir müssen die Menschen erreichen, bevor Strom und Heizungen abgestellt werden oder der Gerichtsvollzieher kommt."