Rheinland-Pfalz als queerpolitischer Vorreiter
Rheinland-Pfalz ist kein stiller Beobachter der queeren Bewegung. Vielmehr hat das Bundesland in den vergangenen Jahren immer wieder bundespolitische Reformen angestoßen. Der Gesetzentwurf zur „Ehe für alle“ trägt rheinland-pfälzische Handschrift und ebnete den Weg für die Öffnung der Ehe. Auch beim Selbstbestimmungsgesetz war das Land aktiv beteiligt und setzte sich im Bundesrat entschieden für die Rechte trans*, intergeschlechtlicher und nicht-binärer Menschen ein.
Ein weiteres Beispiel ist die aktuelle Bundesratsinitiative zur Reform des Abstammungsrechts. Auch sie geht auf eine Initiative aus Rheinland-Pfalz zurück. Winkler betonte: „Wir machen vor, was Fortschritt bedeutet.“
Diskriminierende Gesetzeslage für Regenbogenfamilien
Winkler kritisierte die bestehende Rechtslage im Familienrecht scharf. Noch immer wird die nicht-gebärende Mutter in einer Regenbogenfamilie rechtlich wie eine Fremde behandelt. Sie muss ihr eigenes Kind im sogenannten Stiefkindadoptionsverfahren adoptieren. Dafür sind umfassende Nachweise erforderlich: Gesundheitszeugnis, polizeiliches Führungszeugnis, Gehaltsnachweise und eine Begutachtung durch das Jugendamt. Ihre Eignung als Mutter wird geprüft, obwohl sie bereits elterliche Verantwortung trägt.
Diese Praxis betrifft ausschließlich queere Eltern. Heterosexuelle Paare sind davon nicht betroffen. Winkler nannte das einen „eklatanten Bruch mit dem Gleichheitsgebot“ und einen „massiven Angriff auf die Würde dieser Familien“. Seine Forderung ist klar: „Die Kinder in Regenbogenfamilien verdienen vom ersten Tag an zwei rechtlich anerkannte Elternteile – ohne Prüfung, ohne Wartezeit, ohne behördliche Gnade.“
Gewalt gegen queere Menschen nimmt dramatisch zu
Neben rechtlicher Diskriminierung thematisierte Winkler auch die zunehmende queerfeindliche Gewalt. Die Zahlen sind alarmierend: In den letzten Jahren hat sich die Hasskriminalität gegen queere Menschen in Deutschland verzehnfacht, die Gewalttaten versiebenfacht. Laut Bundeskriminalamt wurden allein im vergangenen Jahr mehr als 1.000 Straftaten registriert – von Beleidigungen über Bedrohungen bis hin zu körperlichen Angriffen. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.
Besonders betroffen sind trans* Personen, die häufig aus Angst vor Diskriminierung durch Polizei und Justiz auf eine Anzeige verzichten. „Die psychischen und physischen Folgen sind verheerend. Das Gefühl von Angst und Unsicherheit wächst – und das dürfen wir nicht zulassen“, so Winkler.
Klare Haltung gegen rechte Hetze
Mit Blick auf rechtsextreme Kampagnen wie den sogenannten „Stolzmonat“ kritisierte Winkler Versuche, queerpolitische Errungenschaften rückgängig zu machen. Solche Bewegungen dienen dazu, Hass zu schüren und Ängste zu instrumentalisieren. „Solchen Parolen dürfen wir keine Toleranz entgegenbringen. Sie brauchen klare Kante und eine unmissverständliche Haltung“, sagte er.
Im Kontext dieser Entwicklungen steht das diesjährige Motto vieler CSDs: „Nie wieder still!“ Auch Rheinland-Pfalz wolle laut Winkler nicht schweigen, sondern lautstark an der Seite queerer Menschen stehen.
Appell an die Bundesregierung
Abschließend richtete Josef Winkler einen deutlichen Appell an die CDU-geführte Bundesregierung. Sie solle queerpolitische Reformen nicht länger aussitzen, die strukturelle Diskriminierung im Familienrecht beenden und das Leben queerer Familien nicht weiter zum Spielball politischer Machtspiele machen.
Sein Fazit: „Gleichstellung ist kein Geduldsspiel. Gleichstellung ist Verfassungsauftrag, Menschenrecht und längst überfällig!“