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Positionspapier: Eltern entlasten, Berufswege unterstützen, Familienzeit ermöglichen – mit besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf in die Arbeitswelt von morgen

Familie ist da, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen. Jede Familie ist einzigartig und doch teilen viele ähnliche Herausforderungen im Alltag. Wir GRÜNE wollen Eltern entlasten und die Vereinbarkeit von Familie, Ehrenamt und Beruf entschieden verbessern. Damit wollen wir RheinlandPfalz als Land der starken Familien weiter voranbringen. In unserem Fraktionsschwerpunkt Familien in Vielfalt arbeiten wir dazu an Konzepten und gehen in den Austausch mit Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft.

Eine Geschichte vorlesen, den nächsten Arzttermin und Kindergeburtstag planen, den Haushalt im Blick behalten, noch schnell eine E-Mail schreiben. Menschen mit kleinen Kindern befinden sich in der Rush Hour ihres Lebens. Alles passiert gleichzeitig: Der Grundstein für die berufliche Zukunft wird gelegt, die Kinder liebevoll umsorgt, das Familienleben organisiert und in den freien Minuten, die bleiben, werden Freundschaften, Hobbys und Ehrenämter gepflegt. Oft ist dieser verdichtete Alltag von dem Gefühl begleitet, dass Zeit fehlt.

Viele Menschen meistern jeden Tag einen Spagat zwischen Familie, Beruf und Ehrenamt. Dabei hat der Beruf neben dem Einkommen oft auch eine wichtige soziale Funktion. Entsprechend hoch ist neben der Familie und dem Ehrenamt der Stellenwert des Berufs. Gleichzeitig wünschen sich viele Eltern mehr Zeit für die Kinder, für die Partnerschaft, Freundschaften und ihr Ehrenamt.

Die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht insbesondere zu Lasten von Frauen, denn es sind nach wie vor die Frauen, die sich hauptsächlich um die unbezahlte Care Arbeit kümmern. Dafür unterbrechen sie ihre Karrieren oder reduzieren ihre Arbeitszeit. Sie arbeiten aus familiären Gründen häufiger in Teilzeit oder in geringfügiger Beschäftigung. Frauen finden sich dementsprechend auch seltener in gut bezahlten (Führungs-)Positionen als Männer wieder. Das alles trägt mit zum Gender Pay Gap bei und erhöht die Gefahr von Altersarmut von Frauen. Umso wichtiger ist es, Frauen entsprechend zu beraten sowie auf struktureller Ebene Organisationen und Unternehmen immer wieder zu adressieren, wie es im Rahmen des vom Frauenministerium Rheinland-Pfalz geförderten Projekts “FAIR PAY in RLP” geschieht.

Damit in Zukunft vor allem auch Mütter stärker am Berufsleben teilhaben können, stärken wir auch diejenigen Modelle, bei denen sich beide Partner:innen die Lohn- und Care-Arbeit gleichberechtigt teilen. Das verbessert nicht nur die Position von Frauen im Berufsleben, sondern ist auch ein wichtiger Schritt gegen Altersarmut und den Fachkräftemangel.

Auch bei Arbeitgeber:innen wird perspektivisch ein Umdenken hin zu mehr Familienfreundlichkeit einsetzen, wenn in Zukunft vor allem auch Väter länger in Elternzeit gehen. Familienfreundlichkeit verbessert die Attraktivität für Unternehmen und bietet ihnen handfeste Vorteile. In der Regel bleiben zufriedene Mitarbeiter:innen ihrem Unternehmen treu, was zu weniger Fluktuation und damit verbunden, geringeren Wissensverlusten führt. Ein familienfreundliches Arbeitsumfeld führt insgesamt zu einem verbesserten Betriebsklima und gerade bei Eltern für eine höhere Motivation. Im besten Fall können so auch Fehlzeiten reduziert werden. Diese und andere Vorzüge einer familienfreundlichen Personalpolitik wollen wir zukünftig noch stärker in die Fläche tragen und bei Unternehmen bewerben. Um Gründer:innen und Selbstständige in ihrem Kinderwunsch einerseits und ihrem Berufsweg andererseits zu unterstützen, wollen wir Rechte und Leistungen angestellter Personen, wie beispielsweise Mutterschutz- oder Elternzeitregelungen, auf sie übertragen.

Die wichtigste Voraussetzung aber, dass Eltern sich neben der Care-Arbeit auch auf die Lohnarbeit konzentrieren können, ist eine zuverlässige und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung. Hierfür haben wir in Rheinland-Pfalz bereits gute Voraussetzungen geschaffen. Im Rahmen der Kita-Gesetzes-Novelle von 2019 haben wir einen Rechtsanspruch auf sieben Stunden Betreuung am Stück, inklusive eines warmen Mittagessens für alle Kinder ab einem Jahr, verankert. So erhalten Eltern Planungssicherheit beim Wiedereinstieg in das Berufsleben nach der Elternzeit. Darüber hinaus sind die rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten bereits seit 2010 für alle Kinder ab zwei Jahren gebührenfrei. Auf diese Weise entlasten wir Eltern finanziell und erleichtern auch so den Wiedereinstieg in den Beruf.

Doch all diese Maßnahmen nutzen nichts, wenn in den Kindertagesstätten und Grundschulen die pädagogischen Fachkräfte fehlen, die die jeweiligen Rechtsansprüche mit Leben füllen. Das heißt, nach wie vor können in einigen Kindertagesstätten die vorhandenen Plätze nicht vollumfänglich belegt werden, weil das Personal fehlt, um die Kinder zu betreuen. An anderen Standorten übersteigt der Bedarf der Eltern die Platzkapazitäten der Kitas oder der Rechtsanspruch auf sieben Stunden Betreuung am Stück ist noch nicht umgesetzt.

Im Rahmen der Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich sind wir in den letzten Jahren ein gutes Stück vorangekommen. 88 Prozent aller Grundschulen und 96 Prozent der Förderschulen in Rheinland-Pfalz verfügen bereits über ein schulisches Ganztagsangebot.

Wenngleich also viele Familien in Rheinland-Pfalz in der Schulzeit, Familie und Beruf recht gut vereinbaren können, stellen sie die Ferienzeiten wieder vor erhebliche Probleme. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir ausdrücklich den kommenden Rechtanspruch auf ganztägige Betreuung von Grundschulkindern ab dem Schuljahr 2026/2027, im Zuge dessen auch die Ferienbetreuung ausgebaut werden wird. Doch auch zur Erfüllung dieses Rechtsanspruchs bedarf es der entsprechenden Fachkräfte.

Wir tun etwas gegen den Fachkräftemangel: Im Zuge der Kita-Fachkräftekampagne ist es uns gelungen, mehr Menschen für den Beruf der Erzieher:in zu begeistern. Noch nie hatten wir so viele Auszubildende. Das ist eine gute Nachricht für unsere Kinder, Eltern und Kindertagesstätten. Im Zuge der Etablierung der berufsbegleitenden Ausbildung zur Erzieher:in haben wir außerdem eine weitere attraktive Möglichkeit geschaffen, Erzieher:in zu werden und direkt in den Kitas vergütet wichtige Erfahrungen für die spätere Erwerbstätigkeit zu sammeln. Als nächsten Schritt erproben wir eine verkürzte Ausbildung, um auf diese Weise noch schneller qualifizierte Fachkräfte in unsere Kindertagesstätten zu bekommen.

In den Grundschulen setzen wir weiter auf multiprofessionelle Teams und die enge Zusammenarbeit zwischen Schulen, Vereinen Musikschulen, Kunst- und Kulturschaffenden, um den Kindern ein breites Angebot an Bewegung, Musik, Kunst, Kultur, Natur, Spiel und Spaß im Ganztag zu bieten.

Und auch im Rahmen der politischen Ehrenämter gehen wir mit gutem Beispiel voran. So haben wir jüngst die Gemeinde- und Landkreisordnung geändert und dafür Sorge getragen, dass künftig auch hybride Sitzungen möglich sind. Zudem wird es für Eltern sowie pflegende Angehörige, neben der Sitzungspauschale, einen finanziellen Ausgleich zur Betreuung von Kindern sowie anderen nahen Angehörigen während der Ratssitzung geben. Auch so machen wir deutlich, dass wir insbesondere junge Eltern mit ihren Perspektiven und Erfahrungen in unseren Gemeinderäten wollen, damit auch sie ganz konkret vor Ort mitgestalten können.

Damit die Vereinbarkeit von Familie, Ehrenamt und Beruf für alle stress- und sorgenfrei gelingt, gilt es allerdings noch an ein paar weiteren Stellschrauben zu drehen.

Das wollen wir noch erreichen:

  • Damit Eltern sorgenfrei ihre Berufstätigkeit wieder aufnehmen können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Das heißt, wir brauchen personell gut ausgestattete Kindertagesstätten und qualitativ hochwertige Angebote im schulischen Ganztag. Damit der Beruf der Erzieher:in attraktiv bleibt, brauchen die pädagogischen Fachkräfte vor Ort Entlastung. Dementsprechend wollen wir die Ausbildung zur Erzieher:in gemeinsam mit den Fachkräften noch attraktiver gestalten. 
  • Wir machen uns auch weiterhin für multiprofessionelle Teams in Kitas und Schulen stark. 
  • Zur Gestaltung des Ganztags in den Schulen sorgen wir weiter für attraktive Rahmenbedingungen, damit Vereine, Musikschulen, Kunst- und Kulturschaffende gemeinsam mit den pädagogischen Fachkräften an den Schulen einen für alle erlebnisreichen Ganztag gestalten können.

Darüber hinaus bedarf es familienfreundlichen Rahmenbedingungen im Erwerbsleben. Auch wir gehen mit gutem Beispiel voran:

  • Wir überprüfen und aktualisieren die Selbstverpflichtung des Landes zur Sicherung und Weiterentwicklung einer familienfreundlichen Personalpolitik, um den Arbeitgeber „Land Rheinland-Pfalz“ noch attraktiver zu machen und den Vorbildcharakter zu stärken. 
  • Wir erarbeiten ein Landeskonzept zum Thema „Führen in Teilzeit“. 
  • Frauen, die nach längerer Erwerbsunterbrechung, etwa aus familiären Gründen, ihren beruflichen Wiedereinstieg anstreben oder Frauen, die sich beruflich weiterentwickeln wollen, werden wir auch weiterhin in den sechs Beratungsstellen „Frau und Beruf“ in Rheinland-Pfalz umfassend beraten und unterstützten. 
  • Das Projekt “FAIR PAY in RLP” werden wir fortsetzen und uns so weiterhin für die Überwindung des Gender Pay Gap einsetzen. 
  • Gelungene Konzepte familienfreundlicher Arbeitgeber:innen bewerben wir in der Fläche, denn Programme wie „Erfolgsfaktor Familie“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zeigen, dass eine familienfreundliche Personalpolitik die Attraktivität von Unternehmen für potenzielle Beschäftigte steigert. Das zeigt: eine familienfreundliche Arbeitskultur und -struktur ist ein handfester Wettbewerbsvorteil. 
  • Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass Arbeitszeitmodelle gefördert werden, die es beiden Partner:innen ermöglichen, sich gleichberechtigt am Lohnerwerb und an der Sorgearbeit zu beteiligen. • Weiterhin setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, dass selbstständige Frauen die gleichen Rechte und Leistungen im Mutterschutz erhalten wie Angestellte. 
  • Auf kommunaler Ebene setzen wir uns dafür ein, dass die familienfreundliche Gemeindeordnung in die Hauptsatzungen übernommen werden und so tatsächlich Eltern von den Neuregelungen profitieren. • Damit Mütter den Anschluss an das Erwerbsleben durch zu lange Elternzeiten nicht verpassen, wollen wir außerdem insbesondere die Familienmodelle fördern, in denen sich beide Elternteile gleichermaßen um die Kinder kümmern. 
  • Daher werden wir uns auf Bundesebene für eine Reform des Elterngeldes einsetzen.